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Ideenreich: „Foreign Masters“ blickt auf Londons Barock-Musik

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Das multikulturelle London im 18. Jahrhundert

London im Jahre 1712: Nebel hüllt die Metropole in tristes Grau. Ein junger Musiker schweift durch die Gassen, träumt sich in Gedanken zurück ins sonnige Italien, wo er kurz zuvor noch als Virtuose gefeiert wurde – und schreibt eine kleine Weise auf ein Notenblatt. Solche Bilder kommen mir in den Sinn, während ich dieser Sonate von Georg Friedrich Händel lausche. Er komponiert sie, als er nach Reisen durch Florenz, Mailand und Venedig in England landet und dort eine neue Heimat findet. Händel ist einer von zehn Barockkomponisten, die Blockflötist Max Volbers und Cembalist Alexander von Heissen auf ihrem Album „Foreign Masters“ versammeln. Die sprudelnde Vielfalt kultureller Einflüsse in London soll hörbar werden – und zeigt sich auch in der Händel-Sonate.

Ein Streifzug durch die Themse-Stadt

Auf den Eröffnungssatz im italienischen Stil folgt ein flottes Vivace, das mit seinen synkopischen Rhythmen an den englischen Folkloretanz „Hornpipe“ erinnert: ein englisch-deutsch-italienisches Potpourri gewissermaßen. Das Album funktioniert wie ein Streifzug durch London. Virtuosenmusik symbolisiert das rege Konzertleben der Handelsmetropole, elegante französische Suiten lassen an royale Salonmusiken denken, Opern-Ohrwürmer geistern durch die Gassen: Etwa eine Weise, die einer Opernarie von Jean-Baptiste Lully entstammt, die im 18. Jahrhundert vielfach in England bearbeitet wurde. Fast alle Werke des Albums wurden damals beim umtriebigen Musikverleger John Walsh gedruckt. Er pflegte nicht nur beste Verbindungen ins europäische Ausland, sondern hatte auch ein gutes Gespür dafür, welche Musik bei seinen Landsleuten funktionierte.

Instrumentenvielvalt spannender als der internationale Ansatz

Ob das barocke London deshalb gleich zur „Kultur-Hauptstadt Europas“ idealisiert werden muss, die durch das „Erbe der Migration“ ihre Blüte erreichte, wie es im Beiheft von Volbers Album heißt, ist fraglich. Schließlich war das 18. Jahrhundert nicht zuletzt vom Aufstieg des britischen Empires als Kolonialmacht geprägt, das sich Länder und Kulturen oft genug in militanter Selbstbedienungsmentalität einverleibte. Spannender als der Nachweis internationaler Einflüsse ist auf dem Album ohnehin die Vielfalt der Instrumente! Max Volbers hat ein Arsenal von sage und schreibe zehn Blockflöten versammelt, die er alle virtuos spielt. Von der zwitschernden Sopraninoflöte in „Cease your funning“ von Johann Christoph Pepusch über eine lichthelle Quart-Flöte in B aus der Zeit des Hochbarocks, wie sie in der Sonate in g-Moll von Giuseppe Sammartini erklingt, bis hin zu einer altertümlich anmutenden Renaissance-Tenorflöte, mit der Volbers einen wunderschönen schottischen Tune anstimmt, den der Italiener Francesco Barsanti aufgeschrieben hat.

Jede Interpretation sprüht vor Ideenreichtum und technischer Brillanz

Auch bei den Tasteninstrumenten glänzt auf diesem Album barocke Pracht: Alexander von Heissen spielt zwei Cembali französischer und italienischer Bauart, eine Truhenorgel im deutschen Stil und – als kurioses Highlight – ein sogenanntes Claviorganum: Ein Mischinstrument aus Cembalo und Truhenorgel, das auch Händel zuweilen gespielt haben soll. In der Sonate von Giovanni Stefano Carbonelli fühle ich mich durch das Claviorganum wie auf einem barocken Jahrmarkt. Wenn sich die Blockflöte als Melodieinstrument dazugesellt, entsteht der Eindruck eines ganzen Kammermusikensembles, das von nur zwei virtuosen Spielern gewuppt wird. Was das politische Konzept des Albums „Foreign Masters“ an Komplexität vermissen lässt, macht es auf musikalischer Ebene mehr als wett: Jede Interpretation sprüht vor Ideenreichtum und technischer Brillanz, das Zusammenspiel ist präzise, kreativ und lustvoll. So gelingt Max Volbers und Alexander von Heissen ein Album, das virtuose Blockflötenmusik der Barockzeit in ihrer ganzen Vielfalt hörbar macht.
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Das multikulturelle London im 18. Jahrhundert

London im Jahre 1712: Nebel hüllt die Metropole in tristes Grau. Ein junger Musiker schweift durch die Gassen, träumt sich in Gedanken zurück ins sonnige Italien, wo er kurz zuvor noch als Virtuose gefeiert wurde – und schreibt eine kleine Weise auf ein Notenblatt. Solche Bilder kommen mir in den Sinn, während ich dieser Sonate von Georg Friedrich Händel lausche. Er komponiert sie, als er nach Reisen durch Florenz, Mailand und Venedig in England landet und dort eine neue Heimat findet. Händel ist einer von zehn Barockkomponisten, die Blockflötist Max Volbers und Cembalist Alexander von Heissen auf ihrem Album „Foreign Masters“ versammeln. Die sprudelnde Vielfalt kultureller Einflüsse in London soll hörbar werden – und zeigt sich auch in der Händel-Sonate.

Ein Streifzug durch die Themse-Stadt

Auf den Eröffnungssatz im italienischen Stil folgt ein flottes Vivace, das mit seinen synkopischen Rhythmen an den englischen Folkloretanz „Hornpipe“ erinnert: ein englisch-deutsch-italienisches Potpourri gewissermaßen. Das Album funktioniert wie ein Streifzug durch London. Virtuosenmusik symbolisiert das rege Konzertleben der Handelsmetropole, elegante französische Suiten lassen an royale Salonmusiken denken, Opern-Ohrwürmer geistern durch die Gassen: Etwa eine Weise, die einer Opernarie von Jean-Baptiste Lully entstammt, die im 18. Jahrhundert vielfach in England bearbeitet wurde. Fast alle Werke des Albums wurden damals beim umtriebigen Musikverleger John Walsh gedruckt. Er pflegte nicht nur beste Verbindungen ins europäische Ausland, sondern hatte auch ein gutes Gespür dafür, welche Musik bei seinen Landsleuten funktionierte.

Instrumentenvielvalt spannender als der internationale Ansatz

Ob das barocke London deshalb gleich zur „Kultur-Hauptstadt Europas“ idealisiert werden muss, die durch das „Erbe der Migration“ ihre Blüte erreichte, wie es im Beiheft von Volbers Album heißt, ist fraglich. Schließlich war das 18. Jahrhundert nicht zuletzt vom Aufstieg des britischen Empires als Kolonialmacht geprägt, das sich Länder und Kulturen oft genug in militanter Selbstbedienungsmentalität einverleibte. Spannender als der Nachweis internationaler Einflüsse ist auf dem Album ohnehin die Vielfalt der Instrumente! Max Volbers hat ein Arsenal von sage und schreibe zehn Blockflöten versammelt, die er alle virtuos spielt. Von der zwitschernden Sopraninoflöte in „Cease your funning“ von Johann Christoph Pepusch über eine lichthelle Quart-Flöte in B aus der Zeit des Hochbarocks, wie sie in der Sonate in g-Moll von Giuseppe Sammartini erklingt, bis hin zu einer altertümlich anmutenden Renaissance-Tenorflöte, mit der Volbers einen wunderschönen schottischen Tune anstimmt, den der Italiener Francesco Barsanti aufgeschrieben hat.

Jede Interpretation sprüht vor Ideenreichtum und technischer Brillanz

Auch bei den Tasteninstrumenten glänzt auf diesem Album barocke Pracht: Alexander von Heissen spielt zwei Cembali französischer und italienischer Bauart, eine Truhenorgel im deutschen Stil und – als kurioses Highlight – ein sogenanntes Claviorganum: Ein Mischinstrument aus Cembalo und Truhenorgel, das auch Händel zuweilen gespielt haben soll. In der Sonate von Giovanni Stefano Carbonelli fühle ich mich durch das Claviorganum wie auf einem barocken Jahrmarkt. Wenn sich die Blockflöte als Melodieinstrument dazugesellt, entsteht der Eindruck eines ganzen Kammermusikensembles, das von nur zwei virtuosen Spielern gewuppt wird. Was das politische Konzept des Albums „Foreign Masters“ an Komplexität vermissen lässt, macht es auf musikalischer Ebene mehr als wett: Jede Interpretation sprüht vor Ideenreichtum und technischer Brillanz, das Zusammenspiel ist präzise, kreativ und lustvoll. So gelingt Max Volbers und Alexander von Heissen ein Album, das virtuose Blockflötenmusik der Barockzeit in ihrer ganzen Vielfalt hörbar macht.
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